Auch in diesem Jahr verschlug es uns zu unserem Lieblingsfestival, dem Party.San Open Air auf dem Flugplatz Obermehler in Schlotheim. Dieses Jahr war zumindest für mich ein besonderes, da ich vor exakt 10 Jahren das erste Mal dieses wunderbare Festival besuchen durfte und auch jedes weitere Jahr (in dem es stattfand) die Reise angetreten habe. Doch gerade dieses Jahr war die Dichte an Bands, die ich unbedingt sehen wollte, erstaunlich hoch. Wenn ich zusätzlich noch fleißig hätte mitschreiben wollen, wäre ich kaum mehr zum Bier trinken gekommen und das kann keiner wollen. Also ich nicht. Daher schildere ich einfach ein paar Eindrücke, die sich mir eingebrannt haben. Auf geht‘s!
Unsere Anreise fand standesgemäß am Mittwoch statt. Wir waren dieses Mal dermaßen überpünktlich, dass wir ohne Stau die „Welcome to Hell“-Pforte passierten und uns auf dem Zeltplatz einfädelten. Zum dritten Jahr in Folge war unser Fußweg zur Shit&Shower Station nur einen Nasumsong-langen Fußweg entfernt, was angesichts der zwar durchweg aushaltbaren, aber doch recht warmen Temperaturen der täglichen Dusche zuträglich war. Dann wurden, fast unfallfrei, Zelte errichtet, Festival- und Klobändchen geholt und sich der Beschäftigung des verbleibenden Tages gewidmet: Mucke und Mischkonsum.
Nach diesem gelungenen ersten Tag erreichte uns auch unser verbleibender Zeltgenosse. Ein mittlerweile guter Freund aus Frankreich, den wir vor zwei Jahren auf dem Party.San kennenlernten und der uns auch im letzten Jahren wieder begleitete. Wie sehr gute Musik doch verbinden kann… Um 13:45 gaben Bastard Grave den diesjährigen Auftakt und luden ordentlich zum Schunkeln ein. Wir schunkelten erstmal zum Bierstand und sichteten die Geldanlagemöglichkeiten. Da sah man hauptsächlich Stände derselben Vertreter wie jedes Jahr: Seasons of Mist, Ván Records, Ketzer Records, F.O.A.D, natürlich Cudgel und noch viele mehr. Nachdem ich letztes Jahr davon profitierte, dass ein Freund mir vom offiziellen PSOA Merch-Stand ein Festivalnicki mitbrachte, habe ich mich heuer erbarmt und für gleich drei Hanseln eingekauft. Sinister, die als Ersatz für Broken Hope eingesprungen sind, habe ich deswegen nur am Rande mitbekommen, da zumindest am ersten Tag mit einer Stunde Anstehzeit zu rechnen war. Die Holländer haben ganz schön gerockt, aber mein Fokus war auf die Textiljagd ausgerichtet. (Kleine Anekdote dazu: Mein Nebenmann, mit dem ich eine geschlagene Stunde vor dem Stand verbrachte, frug als er an der Reihe war, ob man auch mit Karte zahlen könne. Konnte man nicht. Schade.)
Fix die Shirts zum Zelt gebracht und rechtzeitig noch ein paar Songs von Eternal Champion auf die Ohren. An sich bin ich ein großer Freund von den alljährlichen Bands, die aus dem Raster des extremen Metal fallen und einen frischen Wind über den Flugplatz pusten, aber noch brauchte ich diese Abwechslung nicht. Nach Bastard Grave brauche ich erstmal noch mehr HM2-Riffs und knackiges Geprügel. Wie gut, dass Wilt auf der Zeltbühne zu Poltern begannen. Sie spielten vor einem schon angenehm bewegungsfreudigen Publikum und gaben ihren kompromisslosen Death Metal zum Besten. Einziges Problem: schon jetzt zeichnete sich ab, dass es wieder recht stickig im Zelt zu werden scheint. Aber da muss man eben durch, wenn man großartige Livemucke erleben will. Auf der Hauptbühne reihten sich im Anschluss Vltimas ein – das Trüppchen aus David Vincent, Rune Eriksen und heute leider ohne Flo Mounier. Bereits zum zweiten Mal konnte ich die Truppe bestaunen, die live erstaunlich fit ist. Mr. Vincent – gekleidet wie der Undertaker und geschminkt wie ein Hortkind mit Zugang zu Filzstiften – hat sich richtig ins Zeug gelegt und klangt verdammt brachial, bis sie angefangen haben, Songs vom aktuellen Album zu spielen. Bei „Mephisto Manifesto“ (Manifestooohooo) durchschüttelte mich ein Lachkrampf und ich entfernte mich von der Bühne. Ich zähle David Vincent zu der Speerspitze der Death Metal Vokalisten, aber mit seinem Klargesang trifft er mitten in mein Komikzentrum. Nun ja, es war ein unterhaltsamer Auftritt!
Geschwind verzog ich mich so dicht es ging vor die Tentstage, wo nun eine Band die Bühne betrat, die zu denen gehört, auf die ich mich am meisten gefreut habe. Imha Tarikat, die mich schon auf Platte mit ihrer Mixtur aus Black und Death Metal sowie aus verträumt bis rabiat nachhaltig überzeugten, wurden von den Fans gebührend empfangen. Noch bevor irgendwas geschah riefen und klatschen sämtliche vor der Bühne versammelte so heftig wie es nur geht, was der Band bereits die ersten freudigen und gerührten Blicke übers Gesicht huschen ließ, wovon noch weitere folgen sollten. Für die Wirkung dieses Auftritts auf mich gibt es nur ein Wort: überwältigend. Anders lässt sich das wohl kaum beschreiben. Was sich dort auf der Bühne abspielte, war die absolute Königsklasse und eines der besten Konzerte, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Dabei spielten sie sich durch ihre drei aktuell vorhandenen Alben hindurch, wobei mich „Streams of Power – Canavar“ vollends aus der Fassung gebracht hat. Ganz großes Kino. Vielen Dank für diese Erfahrung! Den Auftritt verarbeitend schaute ich Rope Sect beim Aufbau zu und konnte es kaum erwarten, dass es losgeht. Seit ihrer ersten EP zählen Rope Sect zu meinen Lieblingsbands, weshalb ich dieses Jahr ordentlich Werbung für sie zu machen versuchte und auch nur entsprechende Klamotten zur Schau trug – genug hab‘ ich ja. Sie eröffneten das Konzert mit „Fallen Nation“ bei dem schon mehrere Leute so aggressiv wie möglich das Wort Lumpenpack mitsprachen. Wobei Aggression eigentlich das falsche Wort ist, da die Band sich eher im Melancholischen wohl fühlt. Das Zelt war voll und die Band schien auch beim restlichen Publikum sehr gut anzukommen. Bei mir ging die Musik wie immer vom Ohr direkt ins Herz und nahm dabei noch den Umweg über die Augen. Auch für diesen Auftritt kann man sich nur bedanken (vor allem für das Auftauchen meines Favoriten „Rattenkönig“ in der Setlist).
Während The Black Dahlia Murder zockten, schlugen wir uns die Bäuche voll, kauften noch Imha Tarikat-Merch ein und schleppten die prallen Tüten zum Zelt. Leider verpassten wir dadurch Mephorash, von deren Gig wir nur Gutes hörten. Aber dafür ergatterten wir einen Platz nahe vor der Hauptbühne, um eine der für uns wichtigsten Bands bestaunen zu können. Left to Die zogen fast mehr Leute als die Headliner vor die Bühne, was bei der angekündigten „Scream Bloody Leprosy“ Tour auch nicht verwunderlich sein dürfte. Dass sich die Band auf der Bühne vorstellte, war schon fast überflüssig, da sie sowieso jedem bekannt waren: Gus Rios (Gruesome, ex-Malevolent Creation) an der Schießbude, Matt Harvey (Gruesome, Exhumed) an Gesang und Klampfe und Rick Rozz sowie Terry Butler an richtiger und Bassgitarre. Die Vorstellungsrunde für Letztgenannten wurde vom Publikum durch nicht mehr abebbende TERRY, TERRY Rufe abgenommen. Auch zwischendurch wurde immer wieder DEATH oder CHUCK gejohlt, was, denke ich, die Zeitknappheit im Auftritt mitbedingt hat. Angekündigt wurde nämlich, dass alle Songs vom Über-Album Leprosy gespielt werden sollten, weswegen Band und Publikum sichtlich verwirrt waren, als das Konzert vor dem Schlusssong „Pull the Plug“ abgebrochen wurde. Ehrlich gesagt, „Zombie Ritual“ als finalen Song zu hören ist aber auch nicht schlecht!
Wer zu lange vor der Hauptbühne steht, der muss danach erstmal seinen Flüssigkeitshaushalt wieder auffüllen. Dabei konnte man garstigen Klängen von Ritual Death lauschen, die wir eigentlich gar nicht zu sehen planten. Alles in allem wirkte das aber echt finster für die Uhrzeit und hätte einen noch deutlicheren bleibenden Eindruck hinterlassen, hätten wir nicht flinken Fußes wieder vor die Mainstage eilen müssen, um pünktlich zum Einsetzen der Dämmerung Darknened Nocturn Slaughtercult lauschen zu können. Die Band und das Party.San sind schon seit geraumer Zeit miteinander verschmolzen, wodurch sich DNS regelmäßig den wohlverdienten und von Black Metal Bands heiß begehrten Slot im Dunkeln sichern können. Auch wenn mich die Truppe auf Scheibe gar nicht mal so sehr interessiert sind sie live immer ein Fest, oder eher eine Messe. Das liegt vor allem an der Performance der Sängerin Onielar, die auf der Bühne noch eine ganze Ecke mehr so klingt, als wäre sie aus der nächstgelegenen Anstalt entwichen. Und das meine ich ausdrücklich positiv. Die Atmosphäre, der Sound, die Aufmachung auf der Bühne – einfach alles stimmte. Apropos Atmosphäre: Nach dem Abriss von DNS mussten wir auch schon wieder ins Zelt huschen, da dort die großartigen Schammasch aus Österreich als Headliner aufspielten. Meine Güte, was das finster. Gleichzeitig lud der Auftritt doch dazu ein, einfach die Augen zu schließen und sich von dem zähen Ambiente ihrer Klänge mittreiben zu lassen. Besonders der letzte Song, an dessen Namen ich mich leider nicht entsinnen kann, war so dermaßen schön, dass ich absolut kein Problem damit gehabt hätte, wenn mir jemand sanft auf sie Schulter getippt und gesagt hätte: „Ab zum Zelt. Noch ein Bier und dann ins Bett.“ Was ich stattdessen hörte, war: „Komm raus da, Terrorizer spielen!“ Na toll. Terrorizer, schon wieder mit David Vincent, diesmal nur anders behutet, rockten ihren Klassiker „World Downfall“ in Gänze runter. Am Gesang rief übrigens Brian Werner, der u. a. schon Vital Remains live unterstützte. Der Auftritt an sich war solide, aber ich war immer noch im schammaschigen Schlafrock, wurde aber erneut durch einen Lacher erfreut. Brian Werner wurde 2017 bei Vital Remains mit einer Lauchzwiebel gepeitscht. Der zuvor eine Bibel, die er in den Händen hielt, verbrennende und ins Publikum zum Mitmoschen stürmende Herr Werner bat dann verschmitzt darum, man möge doch zwiebelige Attacken auf ihn unterlassen, da er eine Zwiebelallergie habe. Sieben Jahre später steht der wieder auf der Bühne und erzählt – dieses Mal ohne Anlass – erneut von seiner Zwiebelallergie! Es lohnt sich eindeutig, jedes Jahr wiederzukommen.
An dieser Stelle möchte ich vorwegnehmen, dass mir dieses Jahr ausnahmslos JEDER Headliner auf der Hauptbühne sehr zugesagt hat. Der erste davon war Abbath, der allerdings mit seinem Trüppchen ein Best of Immortal Set spielte. Der Sound und die Stimmung waren bombastisch. Am Anfang wurde ein Tuch mit Abbaths Fratze hochgezogen, was beim ersten Ton direkt wieder fallen gelassen wurde. Die intendierte Wirkung dieser Aktion habe ich nicht vollständig durchdrungen, aber dieser Gedanke zog sich durchs gesamte Set: Hier blitzt was, da blinkt es, Feuer schießt in die Luft, dann so viel Nebel, dass man sogar in seinem Zelt stoßlüften musste, irgendwelche Knaller explodierten, dann regnete es Funken… Einmal schaute man weg und verpasste eine komplette Rummelaktion. An einer Stelle musste ich niesen, guckte wieder auf die Bühne und plötzlich hatte Abbath einen Helm auf. Wo kam der her? Egal. Jedenfalls konnte er überhaupt nichts falsch machen. Für wahrscheinlich 90 % der Festivalbesucher gehörte die Setlist zum Allgemeinwissen: „One by One“, „The Sun No Longer Rises“, „Tyrants“, „Sons of Northern Darkness“…alles, was das Herz begehrt. Und der Ohrwurm von „Blashyrkh (Mighty Ravendark)“ verfolgte uns noch bis auf die Rückfahrt.
Der Freitag begann mit einer Band, die die einzig korrekte Kleidung zum sommerlichen Wetter zur Schau trug: Die badebehosten Stillbirth. Brutal Death zum Mittagessen und sich drehende Moshpits gehören ebenso zum Party.San wie der Fakt, dass ich das Ganze stets sitzend beobachte. Mit Broiler am Hals. So geht Frühstück! Im Anschluss und passend zum händischen Huhnzerupfen kamen Amon Amarth auf die Bühne, nur auf Deutsch und besser. Obscurity waren an der Reihe und spielten, gerade am Anfang ihres Sets, auch ein paar alte und schon fast brutale Songs, bevor die Stücke immer mehr in Richtung imaginärer Vikingerdörfer kippten. Somit zeigten sie auf ihrem ersten Party.San Gig viel aus ihrem Schaffenswerk und konnten die Stimmung, die Stillbirth aufbaute, bei erstaunlich vielen Leuten halten, bevor sie mit ihrem Hit „Bergischer Hammer“ schlossen.
Während Enthroned verschlug es uns noch einmal kurz auf die Einkaufsmeile, da es dieses Jahr recht viele limitierte Party.San Angebote gab, wie das „None Festival So Vile“-PSOA Nicki, ein PSOA Metall-Aufnäher und unzählige Textilien, die verschiedene Bands anlässlich des Festivals haben drucken lassen. Dennoch begeisterte uns der eiskalte Klang der Belgier so sehr, dass wir für die letzten Songs noch vor die Bühne huschten, um den restlichen Liedern zu lauschen. Im Anschluss trat mit Afsky eine Kapelle auf den Plan, auf die wir uns sehr gefreut haben. Und das nicht umsonst! Während die Truppe um Ole Pedersen Luk die Menge anheizte (vor allem der Bassist mit 1A Pornobalken) durchzog die Musik jede Faser im Körper des Bandkopfs. Man hatte fast den Eindruck, er spiele sich so lang selbst in Trance bis er sich wieder hinausbrüllen musste. So mäanderte das Konzert zwischen unverzerrten Instrumentalpassagen, atmosphärischen Riffs und energetischem Geprügel, was uns eine abwechslungsreiche und sogar teilweise zum Kopfschütteln anregende Stimmung bescherte.
Im Zelt wurde derweil der erste Auftritt des Tages von Cloak hingelegt. Auch dieser Band blickten wir freudig entgegen und wurden nicht enttäuscht. Die Amis waren nicht nur zum ersten Mal in der schlotheimer Hölle, sondern überhaupt das erste Mal in Europa. Ich finde, man sollte die Herrschaften auch in Zukunft ruhig wieder hineinlassen, damit sie zur Schau stellen können, wie sich guter melodisch gespielter Black Metal anhören soll! Rückblickend habe ich keine Ahnung, was ich bei Sacramentum getrieben habe. Das spricht entweder für ein Besuch vom Ván Records Zelt oder dem Cuba Libre Stand. Vielleicht war auch Multitasking im Spiel. Im Anschluss ging es jedenfalls mit den kosmischen Darbietungen von Vorga weiter. Auch das von ihnen gespielte Schwarzmetall ist mit einer ordentlichen Melodieprise gewürzt, aber dennoch verstehen sie sich darauf, gleichzeitig das Tempo nicht zu vernachlässigen. Den Auftritt konnte ich vor allem dann genießen, wenn ich die Augen geschlossen hatte. Nicht zwingend, weil’s so schön wie Rope Sect oder Schammasch war, sondern weil mehrere LED Kästen, Stränge und Symbole auf der Bühne standen, die unentwegt blinkten und die musikalische Darbietung – sagen wir wohlwollend – etwas kontrastierten. Und ich bin der Meinung, wenn man sich auf der Bühne schon anmalt, sollte es was hermachen. So wie Enthroned – läuft. So wie der maskierte Magier von SuperRTL – der Stimmung nicht unbedingt zuträglich.
Bewitched verfolgten wir von irgendwo, wo es Schatten gab, und erfreuten uns aus einiger Distanz an ihrem Black-Thrash Geschrabbel. Noch mehr freuten wir uns über den Schatten. Eigentlich wollten wir uns eine Auszeit im Camp genehmigen, aber da waren leider noch die Argentinier von Los Males Del Mundo, die auf der Zeltbühne alles gaben. Meiner Auffassung nach klangen die live noch viel besser, als auf Scheibe – und da klingen die auch schon astrein. Mit einer an den aktuell beliebten Post-Black Metal angelegten Klangkulisse und massiv garstigem Rumgekeife haben die ordentlich Stimmung in die Hütte gebracht. Aber nun war es doch Zeit für ein Päuschen im Campingstuhl.
Wir hatten uns fest vorgenommen, pünktlich zu Varathron wieder zurück zu sein, aber zwei aufeinanderfolgende Regengüsse machten uns einen Strich durch die Rechnung. Dafür entstand jedoch ein Doppelregenbogen, der schlagartig zu einem allseits beliebten Fotomotiv wurde. Das sind se, die Metaller.
Einige von uns gingen dann recht zeitnah zu Batushka, die eine der wenigen Bands dieses Jahr waren, die mich überhaupt nicht interessiert haben. Ein paar Songs habe ich noch sehen können. Der Sound war gut, den Leuten schien es gefallen zu haben und die Hauptbühne war auch hübsch rausgeputzt. Das war bestimmt toll, wenn man es mag. Auch um Non Est Deus um den schleierhaften Kanonentyp mit erhöhter Temperatur habe ich einen weiten Bogen gemacht. Schnitzelbrötchen essen sich eben nicht von allein. Dann kamen aber endlich die Isländer von Sólstafir auf die Bühne. Von diesem Auftritt war ich ziemlich enttäuscht und das aus dem einzig wichtigen Grund, wenn es um atmosphärische Bands geht: Der Sound war schlecht. Der Bass und die Bassdrum waren so dermaßen übersteuert, dass man die Gitarren fast nicht mehr hörte, sobald eine basslastige Passage gespielt wurde, was angesichts der überraschend vielen härteren Songs häufig passierte. Woanders sei der Sound wohl vernünftig gewesen, aber genau vor der Bühne und später relativ mittig war es außerordentlich störend. Dennoch waren die letzten beiden, wieder sehr ruhigen Darbietungen von „Fjara“ und „Godess of the Ages“ wunderschön und dürften dem einen oder anderen ein Tränchen auf der Lederjacke beschert haben.
Mir war es neu, dass direkt vor dem Headliner auf der Hauptbühne noch der letzte Act die Zeltbühne zerlegt, aber die dänischen Damen von Konvent (Bolt Frauer!) haben es getan. Meine Güte, war das fett. Die Sängerin Rikke List klang so bitterböse und düster, dass man in einem Moment lichten Nebels einen prüfenden Blick auf die Bühne werfen musste, ob sich nicht ein Glen Benton eine blonde Perücke zugelegt hat. Das Zelt war gerammelt voll und ständig in Bewegung. Die Leute hatten offenbar richtig Bock auf Doomdeath der härteren Art, den sie in Form von Songs wie „Grains“ oder „Ropes Pt. II“ auch bekommen haben. Der Abschlussnackenbrecher und Titelsong ihres Debütalbums „Puritan Masochism“ durfte selbstverständlich nicht fehlen und hat auch die Letzten zum Mitschunkeln angeregt.
Vor dem Headliner wurde von ein paar versierten Feuerteufeln noch eine Show hinter dem Soundturm aufgeführt. Das war zwar hübsch anzusehen, aber so langsam wollten wir dann doch Behemoth gucken. Einmal durfte ich sie schon erleben und war unglaublich enttäuscht. Jetzt haben wir uns wieder vertragen. Am Anfang wurde hinter einem weißen Laken ein kleines, sehr gelungenes Schattenspiel durchgeführt, bevor der Vorhang fiel und ein rundum fantastisches Konzert stattfand. Das Bühnenbild, die songuntermalende Pyrotechnik, die Lichtshow, der Sound – einfach alles war perfekt. Dazu gab es Stücke querbeet durch ihre Diskographie, wie „Demigod“, „Christians to the Lions“, „Conquer All“, aber auch neuere Lieder, u. a. „Deathless Sun“, „Once Upon a Pale Horse“ oder „Barzabel“. Da ich keine rechte Lust auf alles hatte, was Behemoth nach dem für mich enttäuschenden Konzert rausbrachten, habe ich erst durch diesen Auftritt Gefallen am aktuelleren Material gefunden. Meine Highlights waren ganz klar „Ora Pro Nobis Lucifer“ und ihr Opus Magnum „O Father, O Satan, O Sun“. Besser kann man so ein Konzert nicht beenden. Behemoth, ich hab euch wieder lieb!
Am Samstag haben wir viel Zeit bei unseren Zelten verbracht, bevor der letzte Tag ins Land streicht und wieder ein Jahr vergehen muss, bevor wir unseren Lieblingsfranzmann wiedersehen. Daher war die erste Band, die wir an dem Tag sahen – wie passend – Regarde Les Hommes Tomber. Wir waren uns alle einig, dass die einfach nicht mehr aufhören sollten zu spielen. Der Sound war glasklar und die Songauswahl fantastisch, vor allem durch die vielen Titel ihres Ascension-Albums, die es in die Setlist geschafft haben. Gerade „The Renegade Son“ und „Stellar Cross“ haben überzeugt und nochmal unterstrichen, dass dieser Auftritt viel zu kurz war. Der Samstag war übrigens der heißeste Tag, weswegen wir ursprünglich vorhatten, Necrot mit geduschten Nickis und Hüten von einem schattigen Plätzchen aus zu schauen, mussten aber leider während „Drill the Skull“ doch mal vor die Bühne gehen. Stumpf wie ein Besenstiel, aber schön kompromisslos ins Gesicht. Genau der richtige US-Death Metal zum Mittagessen! Es war schon erstaunlich, wie viele Leute sich trotz der drückenden Hitze zum Kopfschütteln haben bewegen lassen.
Im Anschluss kamen Ultha auf die Bühne und haben nach ein paar das Festival lobenden Einführungsworten direkt klar gemacht, was zu erwarten ist: „Wir spielen vier Songs und brauchen dafür 45 Minuten. Viel Spaß!“. Und den hatten wir. Ein paar Songs stammten von ihrem letzten Album „All That Has Never Been True“, was zurecht durchweg positive Bewertungen einheimsen konnte. Besonders „Der Alte Feind (Jeder Tag reißt Wunden)“ war ein Freudenfest der höchsten Gefühle. Ultha verstehen es wie kaum eine andere Band, viele Facetten extremer Musik zu einem stimmigen Gesamtbild zu vereinen, was durch die Gesangsleistungen beider Frontmänner vollendet wird. Leider fiel zwischendurch das Mikro des Bassisten/Sängers aus, wobei wir seine Stimme trotzdem hörten, vermutlich weil wir direkt vor der Bühne standen und er geschrien hat wie am Spieß. Die erste Gänsehaut des Tages war damit auch einmal über den Körper geschnellt. Malphas und Hate hörten wir so nebenbei und freuten uns über ein schattiges Plätzchen unter einem der beiden Pavillons auf dem Gelände.
Zu Phantom Winter wollten wir uns jedoch wieder erheben und sie uns vom Nahen ansehen, als sie auf der Zeltbühne spielten. Mit einigen Mitgliedern der nicht mehr existenten Kapelle Omega Massif konnte musikalisch eigentlich nichts schieflaufen. Ihre Sludge metalligen Kompositionen waren auch sehr einladen, der gelegentliche Klargesang jedoch hat mich direkt wieder ausgeladen. Was kein Problem war, denn so langsam hatte ich tatsächlich Lust auf etwas anderes… Also auf zu Idle Hands, die mittlerweile Unto Others heißen. Die Gothic Rocker aus Übersee haben direkt von der ersten Sekunde das Publikum auf ihrer Seite gehabt, die fleißig in die Luft boxten und so textsicher wie möglich mitsangen. Schon beim Einstieg „Nightfall“ zeigte sich der Enthusiasmus, den Viele für Idle Others mitbrachten. Am lautesten wurde „Give Me to the Night“ vom Mana Album mitgesungen, von dem sie auch noch weitere Fanfavoriten wie „Dragon, Why Do You Cry“ spielten. Vom letzten Album gab es „Heroin“, „Why“ und „When Will Gods Work Be Done“ auf die Lauscher. Zwischen den Liedern übernahm die schwitzende Masse vor der Bühne die ständig gegrölten „UGH“ Rufe vom Unto Hands Sänger, sodass es sich anhörte wie im Affenkäfig. Und auch so roch. So muss das sein!
Den Platz in der ersten Reihe behielten wir bei, da nun die wichtigste Band des Tages die Bühne betrat. Die lovecraft’schen Death Metal Giganten Sulphur Aeon, in schwarze Gewänder gehüllt, ließen gleich zu Beginn „Hammer From the Howling Void“ ihres aktuellen Albums erschallen und zogen direkt sämtlicherseits Versammelte in ihren Bann. Sie ackerten ihr bisheriges Schaffenswerk durch und gaben dabei „Swallowed by the Oceans Tide“, „Incantation“, „Gateways to the Antisphere“, „Devotion to the Cosmic Chaos“ und „Cult of Starry Wisdom” zum Besten. Das absolute Highlight ihrer Performance war ohne Frage das Titelstück ihrer letzten Veröffentlichung „Seven Crowns and Seven Seals“ (Speak to me, Cthulhu, through the spheres of Mars!). Auch hier fällt es schwer in Worte zu fassen, wie diese Darbietung gewirkt hat. Übermächtig trifft vielleicht am ehesten zu. Wer es bisher versäumt hat, Sulphur Aeon, eine der besten Bands, die aktuell in Deutschland ihr Unwesen treiben, live zu erleben hat haushohen Nachholbedarf!
Wir hatten jedenfalls büchsenhohen Bierdurst und begaben uns wieder in unser Zeltlager. Sitzen, Schatten, Kaltschale. Eine unschlagbare Kombi. Zu Hellripper begaben wir uns dann wieder in die Zeltbühne. Das war ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite waren Hellripper wirklich gut. Ihre Mischung aus Speed und Black Metal hat uns nochmal einen ordentlichen Motivationsschub für den restlichen Abend gegeben. Auf der anderen Seite war das Zelt um die Uhrzeit des letzten Tages nicht mehr aushaltbar. Der stickige Dunst mehrerer hundert Menschen erschuf eine Luft, die man hätte schneiden, aber nicht mehr atmen können. Während draußen Anaal Nathrakh spielten, entschieden wir, dass wir nichts mehr zu verlieren haben und schlurften zum Burtz&Brakel Stand. Die Wirkung von den dort erhältlichen Getränken lässt sich gut an den beiden Kerlen veranschaulichen, die Arm in Arm für 10 Minuten durchweg den Refrain von Manowars „Blood of my Enemies“ zu singen versuchten bis sie endlich von ihrem Shot nippten und ihn stehen ließen. Wenn jemand in diesem Zustand das Zeug nicht runter kriegt, Finger weg! Jedenfalls gabs für uns Gin Tonic und ein Paar in die Fresse, ein Gebräu, was aus Vodka, Rum und Eiswürfeln besteht, die beim Mischen neben einer Packung O-Saft standen, von dem scheinbar unbeabsichtigt etwas in das Getränk gekleckert ist. Schmeckte wie zu hause. Ach ja, Anaal Nathrakh waren auch gut und „Endarkenment“ hätte fast meinen Ohrwurm von Blashyrkh abgelöst, aber nur fast.
Dann stürmten auch schon Akhlys als letzter Headliner die Zeltbühne. Wir haben uns direkt draußen hingestellt und dort trotzdem alles sehr gut mitgeschnitten. Die Mixtur aus rabenschwarzer Musik und unfreundlichem Gerufe war genau das richtige für die Uhrzeit und ein würdiger Abschluss für die Zeltmusik diesen Jahres. Wir begaben uns noch einmal in den Ruhemodus, bevor wir zur allerletzten Band des Festivals marschierten. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal dermaßen viele Leute dort gesehen zu haben. Ich vermute, dass viele Tagesgäste anreisten, da Sodom ein spezielles Set spielten, denn man durfte im Vorfeld per Mail Songwünsche an die Band schreiben. Die meistgewählten Songs wurden dann gespielt. Von „Blasphemer“ bis „Nuclear Winter“ war alles dabei und wurde zwischendurch mit ein paar Ruhrpott-Sprüchen versehen („Ihr seid diejenigen, die so’ne Band am Kacken halten!“). Eigentlich war ich schon fix und alle, die letzten noch funktionierenden Muskelfasern in meinem Nacken wurden von Sulphur Aeon beerdigt und meine Knie wollten auch nicht mehr so richtig. Aber wenn nicht zu Sodom moschen, wozu denn dann? Besonders „Der Wachturm“, „Remember the Fallen“, „Agent Orange“ und vor allem „Napalm in the Morning“ entpuppten sich als schlecht dazu geeignet, einfach nur stumm auf der Stelle zu stehen. Die letzten Töne des Auftritts und damit des diesjährigen Party.Sans waren wenig überraschend „Ausgebombt“ und „Bombenhagel“. Und so haben wir auch den finalen Abend erfolgreich hinter uns gebracht.
Was bleibt zu sagen? Das Party.San war, ist und wird immer das beste Wochenende des Jahres bleiben und ich blicke schon jetzt mit Vorfreude auf das kommende Jahr. Dieses Jahr haben so viele unglaublich gute Bands gespielt, sie hier alle noch einmal aufzuzählen wäre nicht nur überflüssig, sondern auch viel zu lang. Endlich von originalen Mitgliedern die Death Songs einer der großartigsten Platten, die je veröffentlicht wurde, live und wahrhaftig erleben zu können, war eine riesengroße Ehre. Dennoch stechen für mich Imha Tarikat und Rope Sect eindeutig als meine Highlights heraus. Solche rundum fantastischen und bewegenden Konzerte sieht man nicht alle Tage und ich bin unfassbar froh, sie erlebt zu haben.
Für nächstes Jahr sind bereits einige große Namen angekündigt, wie Gorgoroth, I Am Morbid, Grave (im originalen Lineup), Napalm Death, Hellbutcher, The Spirit, The Vision Bleak, …and Oceans, Naxen, Wayfarer, Skeletal Remains und und und… Besonders haben meine Augen gefunkelt, als ich die Namen Dool und Tiamat (in altem Logo, was Hoffnungen entstehen lässt) auf dem Banner erspähte.
Bis nächstes Jahr!