Und wieder ist ein Jahr vergangen, und wieder sitzt man im Auto Richtung Wacken. So schnell kann’s gehen. Dieses Jahr scheint es etwas trockener zu werden als die letzten Jahre. 2015 – 2017 waren ja eine Schlammschlacht vor dem Herrn und Sonne war nur selten da. Dieses Jahr scheint das totale Gegenteil der Fall zu sein, zu unserem Bedauern, merken wir das schon bei warten in der Schlange der Bändchenausgabe. Geschlagene 2,5h warten wir, bis wir endlich mit dem kleinen Stück Stoff versehen sind, welches uns den Eintritt gewehrt. Mittels des Bandes um unseren Armen lässt man uns dann auch auf den Zeltplatz, wo wir uns zu unseren West-Freunden und Kollegen begeben um mit ihnen eine tolle Zeit mit viel guten Bands zu haben.
Obwohl ich es besser wissen müsste, laufe ich den Mittwoch noch zum Zelt um meine Tageslieblinge von den Backyard Babies zu gucken. Leider muss ich feststellen, dass das Zelt wegen Überfüllung geschlossen ist. So bleibt mir nur auf eine Leinwand zu gucken und den Sound von drinnen zu hören. Das wird mir allerdings schnell zu blöd und so haue ich nach zwei Songs ab.
Donnerstag
Tremonti
Herr Tremonti brettert los wie nix Gutes. Von einer Thrash Metal Band noch weit entfernt aber dennoch weit aggressiver als die Musik die er sonst bei Alter Bridge macht, feuert der gute Mann einen Song nach dem anderen ins Publikum und weiß zu entzücken. Dadurch, dass es um die 40 Grad in der Sonne sind, bewegt sich das Publikum entsprechend langsam vor der Bühne. Erst beim letzten abschließenden Song „Wishing You Well“ bricht der Circle Pit aus und das Publikum dreht noch mal voll auf. Überraschend angenehmer Gig auch, wenn die Sonne brannte und der Körper eigentlich dagegen war, um diese Zeit und bei dieser Temperatur vor der Bühne zu stehen.
Der Fehler des Tages war es, vor dem Tremonti Konzert ein großes Bier zu bestellen. Da gibt’s dann gleich ein Maß und das Ding haut ein schon mal aus den Socke, bei der Hitze. Nach Tremonti ist gemeinschaftlicher Rückzug angesagt, vom Infield und wir ruhen erstmal etwas am Zelt, im Schatten. Man ist eben keine 30 mehr…
Nach der Pause im Schatten, aus der ein paar Stunden wurden, da die Sonne unaufhörlich brannte, geht’s dann zum Headliner dieses Abends.
Judas Priest
Die alten und zu 2/5 jungen Herren von Judas Priest beginnen frecher Weise ohne uns und starten den Gig schon während wir noch auf dem Weg zum Gelände sind. Das ist nicht gerade höflich aber man kann es ihnen kaum verdenken. Sind sie doch sicher aufgeregt und wollen endlich zeigen was sie in monatelanger Probearbeit erlernt und geübt haben. Als erstes fällt so ziemlich jedem auf das das Tempo der Songs reduziert wurde. Als hätte man einen Schaumteppich auf der Bühne verteilt der die Jungs ein bisschen runterbremsen soll. Diesem Empfinden ist es wohl zu verdanken, dass sich die Stimmung doch in Grenzen hält und der Funke nicht wirklich überspringt. Der Anfang des Sets dudelt also eher gemächlich vor so hin. Schwungvoll wird es erst beim langsameren „Turbo Lover“. Hier scheint die Kraft zurückzukehren und die Leute vor der Bühne drehen etwas mehr auf. Da es sich hier um Judas Priest handelt, ist der Rest des Gigs, mehr oder minder, wie jeder andere auch. Professionell durchgezogen jedoch ohne Hochs und Tiefs. Einzige Überraschung ist, dass es Erscheinen von Glenn Tipton auf der Bühne zur Zugabe („Metal Gods“, „Breaking The Law“, „Living After Midnight“) hier wird nun Tourgitarrist Andy Snap, vom an Parkinson erkrankten Tipton unterstützt. Die Vermutung liegt nahe das das schaumgebremste Tempo dem Auftritt von Tipton geschuldet ist damit die Zugabe nicht zu drastisch an Geschwindigkeit verliert.
Freitag
Der Freitag beginnt im Zelt. Auch, wenn der Sound hier kacke ist, so ist man jedoch geschützt vor der Sonne. Außerdem bekommt man hier noch zwei wirklich klasse Gigs geboten, die ich so nie auf dem Plan hatte.
Firewind
Das letzte Mal als Gus G in Wacken spielte, passierte das noch auf der True Metal Stage (damals hieß sie noch so) als Gitarrist von Ozzy, hat er gezeigt was er kann und so manche mit offenem Mund dastehen lassen. Als Nachfolger von Zakk Wylde, musste er sich beweisen und er hat es mit Bravour geschafft. Heute nun, steht er im Zelt auf der W. E. T. Stage und begeistert mit seiner Stammband Firewind. Da Zakk zurück ist bei Ozzy, hat er nun wieder Zeit sich um seine griechischen Kollegen zu kümmern. Und mit ihnen durchzustarten. Bis auf seine Gitarre Künste, sind die Songs jedoch nicht gerade fesselnd und so verliert man sich in Gesprächen, anstatt der Band aufmerksam zu lauschen.
Dool…
…sind die Band, die ich dieses Jahr für mich entdeckt habe! Bestehend aus zwei alten Devils Blood Mitstreitern, kann man sich vorstellen, in welche Richtung die Reise gehen wird. Doomig, groovig und mit ordentlich Melodie. Ein wirklich gelungener Gig und eine tolle Performance von Ryanne van Dort und ihren Kollegen. Die drei Gitarren auf der Bühne lassen den Sound nochmal extra fett klingen und unterstreichen die Schwere der Musik.
Destruction
Destruction sind wie immer Destruction! Geradlinig und ohne nach links und rechts zu schauen, ziehen sie ihren Stiefel durch und lassen nichts anbrennen. Der Sound ist mal wieder kacke aber hey, was soll‘s, viel schlimmer ist, dass die Jungs ihren Gig so sehr beschneiden müssen um nicht über ihre Zeit zu kommen. Das Publikum und die band wollten noch viel mehr
W. A. R.
HAMMER!! Samael bieten uns unter dem Namen W.A.R. ihre beiden Alben „Whorship Him“ und „Ritual“ live in fettestem Gewand und mit so viel Hingabe, dass einem echt warm wird. Innerlich… ein Auftritt, mit viel Tiefe und Hingabe. Jederzeit würde ich meine Mutter verkaufen, um dieses Konzert noch einmal erleben zu dürfen. W.A.R. gehören, mit Dool, zu meinen Highlights dieses Jahr!
Später hin , kann man sich dann auch mal wieder in Freie wagen um sich den den größeren Bühnen zu widmen.
Nightwish
Pomp, Pomp und nochmals Pomp. Wer drauf steht, okay aber dieses Mickey-Maus-Theater ist mir echt zu viel.
Running Wild
Hm, wie beschreibe ich es am besten?! Nach dem letzten Running Wild Gig, saß die Enttäuschung schon recht tief. Die Songauswahl war kacke, die Show war gestelzt, der Funke im Allgemeinen wollt nicht überspringen. Unbefriedigt verließ man den Platz damals. Das Comeback war als gescheitert angesehen worden. Nun möchte Rock n Rolf das wieder gut machen. Er verspricht eine Show im Stil großer US Produktionen und haut in der Wacken Today mächtig auf den Schlamm, so dass es bis ans Zelt spritzt. Beflügelt, von seinen Worten, machen wir uns auf zu Running Wild und erwarten ein Feuerwerk, Metal in die Fresse, Spielfreude und ja, ne echte Show. Was kommt, ist nur ein lauwarmer Aufguss von der lahmen Darbietung vom letzten Mal. Gefühlt, die gleiche Songauswahl, bis auf ein paar Ausreißer. Das Publikum ist Rolf zu leise und er fragt, wie ein eingeschnapptes Kind, ob sie denn gehen sollen. Junge, feuere du doch die Leute an, wenn sie dir zu leise sind! Alle sind nur da um euch zu sehnen und ihr macht da so einen Affentanz. Von einer US Produktion (nicht das sie nötig wäre) war auch weit und breit nichts zu sehen. Da gibt es Bands, die haben ihre Hausaufgaben gemacht und wissen was das bedeutet, doch dazu später mehr…
Otto
Was zur Hölle hat Otto Waalkes hier verloren?! Sicher, hier wird viel gelacht und auch so einige Otto-Witze haben uns schon durch den Tag gebracht, doch warum sollte man ihn und seine Band nach Wacken holen? Nach Lotto King Karl, Boss Hoss und vielen anderen Vertretern, die ich nie aber auch nie und unter keinen Umständen hier erwartet hätte, hat es also nun auch Otto geschafft sich einen Platz in der Running Order zu ergaunern. Ja, ich konnte über ihn und seine Präsenz schmunzeln und ja, ich habe mich gefreut ihn mal ein paar Minuten live zu sehen, doch nach einer Viertelstunde war der Drops dann auch gelutscht und es zog mich weg von der Louder Stage.
In Flames
Auf dem Weg zum Backstage, schaue ich noch eben bei In Flames vorbei. Ich habe sie mir jedes Mal angesehen, wenn sie hier spielten und es wurde von Mal Zu Mal langweiliger und uninteressanter. Als ich mein erstes Wacken, im Jahre 1999 erlebte, wurde ich mit Wasser über den Nischel, Gebrüll und Gerüttel wachgemacht, damit ich es auch ja zu In Flames schaffe (die Nacht war lang) und wenn mich nach dem Gig n Blitz getroffen hätte, es wäre mir egal gewesen, denn ich hatte In Flames gesehen! Naja, das war aber auch 99 und da war die Welt noch in Ordnung. Das letzte Mal, als ich sie mir in Wacken ansah, hatten sie mich mit 3 Liedern überzeugt, der Rest war Müll. Heute stehen sie da oben auf der Bühne, winseln sich einen zurecht und baden in ihrem Ruhm und ihrer Geilheit, zusammen mit ihrem Keyboarder(!!). Ja, ich weiß, dass sie auf den Alben auch ein Keyboard verwenden aber solange es live nicht einfließt und niemand auf der Bühne den Platz wegnimmt mit seinem Plastikklavier, ist mir das egal. Mit dem Auftritt des neuen Bassisten, des neuen Schlagzeugers und des echten Keyboarders, war für mich die alte Magie dahin und In Flames als Liveband für mich gestorben. Auf Platte sind sie seit der „A Sense Of Purpose“ eh bei mir unten durch.
Sonnabend
Skindred
Cooler grooviger Shit! Der Knaller will nur nicht so recht zünden, in der Hitze. Es hat mich geärgert, dass die Power die Skindred ohne Frage haben, einfach in der heißen Luft verpuffte.
Long Distance Calling
Einen grandiosen Gig haben Long Distance Calling hingelegt. Die Band aus Münster hebt sich besonders dadurch hervor, dass sie auf Gesang verzichtet und ihre Musik, alleine durch die in der Band zur Verfügung stehenden Instrumente getragen wird und lebt. Hier habe ich das erste Mal die Chance sie live zu sehen. Ich muss sagen, es ist ein Erlebnis!
Die Apokalyptischen Reiter
Die Reiter sind nun auch schon alte Bekannte, hier in Wacken und warten nicht wirklich mit großen Überraschungen auf. Sie sind spielfreudig wie immer und haben das Publikum fest im Griff. So wie man sie kennt.
Helloween
Auf das Helloween Konzert habe ich mich schon seit Monaten gefreut. Seit der Ankündigung fiebere ich dem gemeinsamen Auftritt, von Helloween und den alten Weggefährten von ihnen, entgegen und kann die Freude auf den Gig auch nicht verstecken. Nach der Schlappe von Running Wild ist man etwas ängstlich, ob dieses „Comeback“ n Knaller wird oder nicht. Dazu gesellt sich die Angst, dass die Stimme von Andy Deris wieder verkackt oder das Michael Kiske stimmlich nicht ganz fit ist… Naja, eins vorweg, alle Ängste sind unbegründet! Helloween starten, sehr selbstbewusst, mit ihrem Viertelstunde Song „Halloween“ und sind mit einem Schlag, trotz Opnerüberlänge, die Lieblinge des Wochenendes. Sound, Stimmen und die agilen Musiker auf der Bühne machen sofort Spaß! Schon während der ersten drei Songs ist hier mehr los, als während des ganzen Running Wild Gigs. Deris und Kiske harmonieren auf der Bühne perfekt. Gänsehautmomente gibt es im Verlaufe des Auftritts genug, doch der wirklich aufwühlenste Moment kommt, als auf der riesigen Videoleinwand ein Filmchen gestartet wird und der alte Helloween Schlagzeuger Ingo Schwichtenberg die Leinwand ziert (Gänsehaut beim schreiben). Ingo leitet sozusagen posthum das Schlagzeugsolo ein, um sich mit Dani Löbe ein Battle zu liefern. Eine grandiose Idee, die alle auf dem Platz noch einmal Ingo, als Menschen und Schlagzeuger, in Erinnerung bringt.
Die Songauswahl ist mit allen Wassern gewaschen und bietet für jeden Helloweenfan etwas. Ein Gig der Superlative! Den Abschluss macht ein gewaltiges Feuerwerk das in den Augusthimmel geballert wird. Unvergesslich!!
Den Helloween Gig noch lange in den Knochen und im Kopf, machen wir uns vom Acker und schlurfen Richtung Zeltplatz. Ein so anstrengendes Wacken, bedingt durch die Hitze, gab’s schon lange nicht mehr. Dann doch lieber wieder etwas Regen nächstes Jahr.
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