Wacken 2019, dieses Jahr wird es sich nicht um ein „normales“ Wacken Open Air drehen, sondern um den 30igsten Geburtstag des Festivals. Schon seit den ersten Bandbestätigungen letztes Jahr, maulten viele rum, dass das Billing der Jubiläumsausgabe nicht wirklich der Knaller ist und man sich doch irgendwie was Besseres vorgestellt hat, als die gebotenen Bands. Das unterschreibe ich so! Ja, es geht ums Festival bei dem Geburtstag und nicht um die Bands, aber es fehlte das gewisse Etwas, das 2019 zu einem echten Highlight macht. Aber der Reihe nach…
Unsere Ankunft ist wie immer für den Mittwoch geplant. Natürlich ist schon der Hinweg gespickt mit Umleitungen und Problemen. So kommt es das wir statt der 4, laut Navi, ganze 6 Stunden brauchen, um unseren, verglichen mit Gästen aus z.B. Chile, sehr kurzen Weg hinter uns zu bringen. In Wacken angekommen, läuft irgendwie alles auf einmal zu leicht und problemlos. Wir stehen kaum 15 Minuten an der Ausgabe der Wristbänder und kommen zügig zum Zeltplatz durch, auf dem uns unsere früher angereisten Freunde noch einen Platz freihalten. Doch weit aus zu früh gefreut! Der junge Mann am Zeltplatzeinlass gibt uns zum einen zu verstehen, dass wir mit dem Aufkleber am Auto lediglich auf den Parkplatz dürfen, um den Tag über hier zu parken aber nicht um zu Campen. Nächste Mitteilung des pflichtbewussten Herren ist, dass der Zeltplatz voll ist und wir auf den Ausweichparkplatz müssen, jedoch erst, wenn wir noch mal durchs ganze Dorf gefahren sind und uns den richtigen Aufkleber geholt haben. Diese Erfahrung durften vor uns schon um die 20 Gäste machen, sagt uns der nette Herr. Es ist ihm aber nicht möglich, mit seinem Funkgerät die Sache zu klären. Wir müssten dort hin und denen auf die Finger hauen. Das ist Organisation vom feinsten! Ein wiederkehrendes Problem auf die Gäste abwälzen und keine direkte Klärung anzustreben, super! Naja, hilft ja nix, wir fahren also zurück durch das ganze Dorf, um uns einen passenden Aufkleber zu besorgen. Das klappt zum Glück reibungslos und wir sind schnell im Besitz einer gültigen Camping Zertifikanz. Also hurtig zurück zum Campingplatz, um endlich das Lager für die nächsten Tage aufzuschlagen. Hier nochmal eine Entschuldigung, an die auf uns wartenden Platzfreihalter, beim nächsten Mal läuft es hoffentlich glatt und wir bekommen es hin!
Eine Stunde später, ist das Lager hergerichtet und wir verschnaufen bei einem kühlen Pils. Kurz darauf wird der Weg auf das Festivalgelände angetreten, um die Änderungen zu betrachten. Der eigentliche Plan war heute noch Rose Tattoo zu sehen, jedoch stellte sich nach Ankunft raus, dass der komplette Vorplatz sowie der Zugang zum Zelt mit vielen tausend Menschen im wahrsten Sinne des Wortes verstopft war. Waren die Wege noch begehbar, so drängelten am Zelteingang die Leute und wurden nach und nach, wie Vieh ins Zelt getrieben, wenn jemand rauskam. Mal im Ernst, das macht doch auch keinen Spaß! Was geht im Kopf der Leute vor, die sich da eine Stunde anstellen um in ein völlig überfülltes Zelt zu gehen und kaum etwas von der Band zu hören oder zu sehen (abgesehen von den Leinwänden), geschweige denn am Tresen etwas zu bekommen. Nein danke! Da bleibe ich lieber vorm Zelt gucke auf die Leinwand und habe Platz zum Atmen. Überhaupt stellt sich mir seit Jahren die Frage schon, warum die Bands die locker den Platz vor der Louder Stage füllen am Mittwoch im Zelt verheizt werden?! Nun ja, so schlendert man noch über den Metal Markt und macht sich dann wieder auf den Weg zum Camp, dort angekommen wird noch das Mitbringsel vom Metal Markt angetestet, was für Verwirrung bei einigen Anwesenden sorgt und so gehen wir lachend zu Bett, dank der kleinen „Blumenvase“.
Donnerstag
Heute geht’s los! Heute wird das Infield geöffnet und die großen Bühnen werden bespielt. Ziel des heutigen Tages ist es Hammerfall zu sehen und dann evtl. noch etwas von Sabbaton mitzubekommen. Nicht das sich ein Sabbaton Fan in unseren Reihen befindet, nein, es geht um das Interesse an ihrer Bühnenshow die sie dieses Jahr auffahren wollen. Auf zwei Bühnen und mit Überraschung und so. Na, mal sehen.
Die erste Band des Tages soll jedoch Testament sein, auf der Louder Stage. Zu meinem Übel stelle ich fest, dass gerade Beyond The Black auf der Harder Stage zugange sind und die gute Jennifer Haben alles gibt, um das Publikum vor der Bühne zu unterhalten. Ich frage mich immer wieder, wie es sein, kann, dass niemand diese Band hört oder mag, sie aber dermaßen durch die Decke gehen?! Scheint das gleich Phänomen zu sein wie mit Doro und Konsorten. Jonathan Frakes, übernehmen sie!
Testament ist leider ein ziemlicher Reinfall. Ich finde es super das Wacken versucht den Leuten was zu bieten und auch die kleinen Bühnen mit guten Bands bestückt werden, jedoch sollt man sich gut überlegen welche Bands man wo einsetzt. Testament auf der Louder Stage ist wie der Papst in ner Dorfkapelle. Es geht nichts mehr! Weder Bier holen, noch Bier wegbringen ist möglich als die amerikanischen Thrash-Veteranen ihren Gig beginnen. So macht der ganze Zirkus keinen Spaß und schon weicht man der Menschenmasse und macht es sich weiterhinten gemütlich. Bei Bier und Toiletten. Danke der Leinwände kommt man auch hier in den Genuss der Band, hat nur mit live gucken kaum was zu tun.
Auf dem Weg zu Hammerfall streifen wir noch den Krokus Auftritt, der echt Fahrt hat wie es scheint. Feuer und laut und alles was dazugehört. Nicht schlecht, das guck ich mir beim nächsten Mal näher an. Hammerfall, die alten Schweden-Rocker, spielen heute ein wirklich nicht befriedigendes Set. Nachdem sie 2014 ein „Glory To The Brave“ Set aufgefahren haben, halten sie sich heute komplett von der Scheibe fern. Nicht nur zu unserem Ärger! So ist es doch der einzige Grund, noch zu einem Hammerfall Konzert zu gehen, um Songs eben besagter Scheibe zu hören. Ich freue mich dennoch über die Gegenwart der Schweden und kann den ein oder anderen Kopfnicker bestätigen, gefehlt hat mir jedoch zu viel um dem Konzert eine positive Bescheinigung auszustellen. Einzig „Hearts Of Fire“ belustigt mich, ob der Reimekunst. Zeitgleich spielen Necrophobic und Grave im Zelt. Da ich jedoch noch immer nicht überzeugt bin vom Platzangebot im Zelt und dem Sound der dort herrscht, ignoriere ich Necrophobic, die ich dieses Jahr schon in Protzen sah, und auch Grave. Einzig Primordial werde ich mir dieses Jahr im Zelt geben, dazu später.
Nachdem Hammerfall fertig sind, ist es Zeit, dass Airbourne die Nachbarbühne betreten. Schon hier zeichnet sich ab, dass ich mir den Gig von Sabbaton doch nicht ansehen werde. Es wird so brechend voll das es schon mit Bier in der Hand keinen Spaß mehr macht hier rumzustehen. Nein danke! Zu voll, zu viel Gedränge. Dann lieber doch kein Sabbaton, auch wenn die Show noch so toll sein soll (Im Nachhinein stellte sich raus, dass es eh ein Reinfall war und der Versuch, Savatage mit zwei Bühnen zu kopieren, gescheitert ist).
Juhu, da ist er wieder der Kopfschmerz der mich mindestens einen Abend in Wacken außer Gefecht setzt. Dank des kleinen Mannes im Kopf mit seinem mehr als großen Hammer. Lege ich mich nach Einnahme einer Schmerztablette „kurz“ hin um später wieder fit zu sein. Die Kollegen begeben sich derweil zu Unleashed und Dark Funeral um später von einer eher durchschnittlichen Leistung der beiden Bands zu berichten. Unleashed, eigentlich immer ein Garant für fetten Groove, waren wohl nicht so gut drauf und naja Dark Funeral waren noch nie die Entertainer. Unnötig zu erwähnen, dass der Abend für mich komplett gelaufen war. Also bis morgen Wacken…
Freitag
Der Freitag beginnt so schön für mich wie der Donnerstag kacke endete. Ich nutze das frühe Wach sein um mir eine warme Dusche und einen frischen Kaffee, sowie ein zähes, dröges Brötchen für schlappe 3 Euro zu gönnen. Bis auf das Brötchen bin ich zufrieden. Das Ding hätte ich jedoch nicht mal mehr an der Tanke im Nachtschalter verkauft. Frische ist eben in Wacken ein dehnbarer Begriff und das Verständnis von einem knackigen Käsebrötchen hat sich eben bis hierhin noch nicht rumgesprochen. Dennoch bin ich zufrieden. Der Rest pennt und ich kann mich meinem Frühstück widmen. Heute soll ja viel los sein auf dem Platz. Ich habe einige Bands auf dem Zettel und es soll 14.15 Uhr losgehen, mit Cradle Of Filth. Die Organisatoren, oder besser gesagt die Sicherheitsverantwortlichen Ämter, haben sich etwas ganz Besonderes überlegt, zum 30. Wacken Open Air. Das Aufziehen einer Gewitterwolke wurde genutzt um das komplette Infield zu räumen und das laufende Programm zu unterbrechen. Ich selber habe, als es immer dunkler wurde, schon Cradle Of Filth von meiner Liste gestrichen, wollte jedoch unbedingt zu Life Of Agony. Die waren jetzt jedoch auch in Gefahr. Die Lautsprecheransagen die über den Platz hallten brachten jedoch alle Pläne durcheinander. Das Ende vom Lied ist eine Verschiebung des gesamten Programms. Soll heißen, die Bands spielen, es fällt keine aus. Cradle Of Filth hat es jedoch böse erwischt. Die müssen ihren „Große-Bühne-Platz“ gegen einen im Zelt tauschen. Der Tross macht sich auf in Richtung Infield um sich bei Body Count vor der Bühne einzufinden. Auf dem Weg dorthin erblicken wir noch Life Of Agony in voller Aktion auf der Louder Stage und freuen uns, an dem Sound der New Yorker und der übergroßen sinnlosen Brille von Mina Caputo. Die Band macht mächtig Druck, doch leider kann man das von Minas Stimme nicht gerade behaupten. Es ist eher ein Weinen als ein Singen und der Schmerz, der früher noch mitklang im Gesang, ist gewichen und es klingt nur noch dünn und heulend.
Nach dem Ende der Show drehen wir uns um, zur Harder Stage und freuen uns auf Body Count feat. Ice-T! Nachdem die Band letztes Jahr quer durch Europa tourte und Wacken es irgendwie verschlafen hat die Band am Schlafittchen zu packen als alle es tat, müssen sie eben dieses Jahr herkomme und den Body Count live Trend in 2019 fortsetzen. Bei etwas schwammigem Sound starten sie ihr Set und haben so ziemlich gleich alle vor der Bühne auf ihrer Seite. Es braucht jedoch ein paar Songs, bis die Band um Ice motherfucking T Bitch in Fahrt kommt und aus ihnen und dem Publikum eine Einheit wird. So ganz im Vorbeigehen wird noch der jüngste Body Count Fan gesucht, was ein 10-jähriger Junge ist, der anfänglich von dem offensichtlichen Brillenträger Ice T für en Mädchen gehalten wird. Der Junge hat nun den Support von Onkel Ice und ist stolz wie Oskar. Schöne Gig mit ordentlichem Groove!
Die nächsten auf dem Zettel sind Nashville Pussy. Hier verspreche ich mir ordentlichen Southern Rock mit einer Portion Dreck…und wird nicht enttäuscht! Was mich mal wieder enttäuscht ist der übergroße Andrang. Warum auch immer spielen die Pussys auf der Beergarden Stage. Diese Bühne ist mal wieder mehr als unterdimensioniert. Der Andrang davor ist kaum zu bremsen und die Leute müssten sich stapeln damit jeder was sehen kann. Unbegreiflich wieso eine Band mit der Größe, auf dieser kleinen Bühne verheizt wird. Die Mucke stimmt auf jeden Fall und macht tierisch Spaß! Die gepimpte Cola schmeckt und der Abend beginnt Fahrt aufzunehmen. Angeheizt durch die Nashville Pussys, rutscht die Mische gut die Kehle herunter und man macht sich fit für Slayer. Pipi machen Becher füllen und dann los.
Eine Mischung aus Schock und Gelächter schnürt mir den Hals zu. Was bitte ist denn das? Das gesamte Infield ist voll mit Menschen, soweit das Auge reicht. Die Eingänge sind gesperrt. Die Massen drängen bis hinten an die Fressbuden und selbst hier ist es kaum möglich sich zu bewegen ohne einen anderen Gast anzurempeln oder zu drängeln. Noch nie habe ich Wacken so dermaßen voll erlebt (Spart euch eure Sprüche, bezüglich des Getränkekonsums!)! Es ist ein Graus! So ziemlich 45 Minuten halte ich es aus, hier im Essensmüll meiner Mitmenschen zu stehen und alle 5 Sekunden angerannt zu werden, dann ist die Lust auf Slayer und ihren Abschiedsgig vergangen. Gerne hätte ich die Show von dichtem gesehen, denn es wurde viel Feuer und Licht aufgefahren. Hier ging richtig was ab, nur sieht man aus einem Kilometer Entfernung nur wenig und die Kameramänner bzw. Regisseure waren eher auf einzelne Personen geeicht. Okay, die Hochkant stehenden Videoleinwände haben auch kein ganzes Bild zugelassen. Wer auch immer sich den Schwachsinn ausgedacht hat, möge bitte Rede und Antwort stehen!
Das muss erstmal verdaut werden, mit einem Schlendergang über das Wackinger Village (finde ich nach wie vor blöd) zur Wastelandstage. Was mich hier erwartet ist eine winzige Dorfbumsbühne. Ich denke das Oktoberfest in Posemuckel hat eine größere Bühne, was okay ist, nur in Anbetracht dessen, wer hier gleich vor seine Fans tritt ist es eine Frechheit. In nicht mal einer Stunde werde ich mir Michael Graves angucken (ex-Misfits). The Misfits sind schon seit geraumer Zeit ein Standard auf dem Smartphone und damals noch auf dem MP3 Player. Nie hätte ich es für möglich gehalten die Chance zu haben sie, in diesem Falle, ihn einmal live zu hören und zu sehen. Noch immer ist es irgendwie nicht wahr. Die Frage ist wird er Misfits Songs spielen oder nur eigene Nummer? Wie wird er drauf sein? Ist er eine Diva? Wird es laut genug sein? Kommen genug Leute oder kleben alle bei Slayer? Nun, nach den ersten zwei Minuten Michael Graves war der größte Teil der Fragen beantwortet: Er war und ist weder eine Diva noch ein verwöhnter Rockstar. Er war großartig drauf und hat das ganze Set, welches zu 90% aus Misfits Songs bestand mit großer Bravour und einer ebenso großen Stimme gesungen. Das zahlreich erschiene Publikum hat ihm an den Lippen gehangen und jeden Song laut mitgesungen, so dass eine Ganzkörpergänsehaut bei jedem Song garantiert war. Während des Konzertes, lud er seine Fans noch ein, sich mit ihm nach dem Gig an der Bühne zu treffen, um Autogramme zu schreiben Fotos zu machen oder einfach nur um mit ihm zu knuddeln oder n Bier zu trinken. Großartig! Eine super Show, ein super Typ mit gigantischer Stimme und dazu noch fannnah und sehr sympathisch! Diese Erlebnisse sind es wegen denen ich nach Wacken komme. Kein Wikinger Tam-Tam, kein Kaugummimetal ala Beyond the Black, nicht wegen der Emporkömmlinge Parkway Drive oder Slayer die man mikroskopisch klein nur erahnen kann. Nein, ich komme wegen dieser Emotionen und eben diesen Auftritten, bei denen man noch spürt, wie wichtig es einem Künstler ist sich seinen Fans zu präsentieren, sich gerade zu, zu beweisen. Wenn man den ganzen Gig das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht bekommt und die Gefühle bei jedem Song immer mehr Überhand nehmen, mitgrölt und schon feucht in den Augen wird vor Rührung, dann hat es sich wieder einmal gelohnt hierher zu kommen!
Nach Michael Graves ist der Abend dann auch vorbei und es geht ab zum Camp, vorbei an all dem unnützen Zeug hinter den Wastelands, die selber schon etwas dazugehören.
Sonnabend
Der heutige Tag beginnt ohne Unterbrechung, Räumung oder Unwetterwarnung und das ist auch gut so. Kurz nach dem Frühstück wird es nämlich ernst. Auf zur Faster Stage, um 12 Uhr, also in der Mittagshitze, den Kassierern Tribut zollen und ihrem wohl bis dato größtem Auftritt beiwohnen. Oh weh, was mögen die Metalfans aus Chile wohl denken, wenn sie die Kassierer dort oben sehen und vor allem hören?! Wölfi gibt zumindest einen der höflichsten Gastgeber den ich bei weitem hier erlebt habe, in Bezug auf die Erwartungen der Band. Wohlformulierte Ansagen, gepaart mit gesellschaftskritischen Texten und einer eher schüchternen Performance, als mit einem Hau-Drauf-Gehabe tingelt sich der Punk Politiker durchs Programm. Die Hose wohlbemerkt irgendwo zwischen Schmutz und Anstand hängend. Ein wirklich lustiger und erfrischender Gig der einem Freude machte und wann hört man schon so viele Leute Kassierer Songs aus voller Kehle singen?!
Subway To Sally versuchen sich nach den Kassierern und müssen einsehen, dass sie nicht den gleichen Schlag haben wie die vier Gentlemen aus Wattenscheid. Dennoch gelingt es ihnen das Publikum vor der Bühne zu bannen und ihre Show kann sicher als gelungen betrachtet werden. Mich hält es hier nur drei Songs und so bin ich verschwunden um mich mit Speisen zu sättigen und den Weg ins mir so verhasste Bullhead City Zelt anzutreten, um Primordial zu sehen.
Mit einer Leichtigkeit schaffen es Primordial von der ersten Minute an, ihr Publikum in Schach zu halten. Obwohl der Sound mal wieder klingt wie n kaputtes Kofferradio, aber dafür umso lauter ist, kommt die Musik der Iren annehmbar gut rüber. Mir fehlte hier nur etwas der Druck des Gesamten. So waren nur Bass Drum und Gitarren zu hören sowie der Gesang des Fronters Alan. Von ihm hätte ich mir auch mehr weinerlichen Klang in der Stimme gewünscht. Viel zu aufgeräumt und kräftig war der Herr. Ein Spektakel war es dennoch und nicht nur das volle Zelt auch meine Begleitperson war glück und auch ergriffen über das eben erlebte.
Nach Primordial sind auf der zweiten Bühne in dem Zelt Septic Flesh dran. Is nicht ganz mein Ding und irgendwann verliert sich der Aha Effekt der Musik, wenn der sich immer wiederholt. Nun, da ich vorher noch keine Berührungen hatte mit ihnen, kann es auch einfach daran liegen da sich noch nicht in die Septic Flesh Welt abgetaucht bin und schweige still, bis ich mir ein Urteil erlauben kann…
Gegen 22.45 Uhr neigt sich das Wacken Open Air 2019 dann unwiderruflich dem Ende. Wir haben uns als Rausschmeißer keine geringere Band ausgesucht als Crematory. Das wollte sich keine entgehen lassen, zu sehen wie denn der dicke Schlagzeuger und der Rest der kitschigen, teils aufgeblasenen Band sich so anstellt. Sie spielten auf der neuen History Stage, wobei neu nicht wirklich stimmt. Die History Stage ist eben die Bühne, mit der das Festival 1990 startete. Also wirklich mit Geschichte behaftet. Ebenso mit Geschichte behaftet ist die Band darauf. Teils mit einer guten, teils mit einer weniger guten Geschichte. Es gab Zeiten, da gehörte „Tears Of Time“ zum guten Ton in jeder Metal Disko. Auch das deutsche Album, war damals ein Hit und hat viele Fans gefunden, doch was danach kam war eher lauwarme Brühe und hat mit dem Eklat um Marcus Jüllich, vor nicht allzu langer Zeit, seinen traurigen Höhepunkt genommen. Ob dies der Grund ist, warum Crematory eine eher uncoole Spielzeit bekommen, auf einer der kleineren Bühnen, sei mal dahingestellt. Heute nehmen sie immerhin eine DVD auf, wow. Da gäbe es sicher besser Orte und auch ein weitaus größeres und dankbareres Publikum aber da ist ihre Entscheidung. Die Songauswahl besteht eher aus neueren Nummern und so müssen wir geduldig ausharren bis endlich „Tears Of Time“ als Zugabe uns Freudentränen und auch Tränen der Scham in die Augen treibt.
Mit den letzten Klängen von der History Stage geht auch das W:O:A 2019 für mich zu ende. Auf geht’s Richtung Camp, nicht ohne noch ein Drink zu nehmen um dem ganzen einen runden Abgang zu geben.
Als Abschluss bleibt mir nur zu sagen, dass Wacken Open Air hat auch 2019 wieder Spaß gemacht. Anteil daran hat das Festival leider nur geringfügig. Zu viel Kirmes für ein Heavy Metal Festival und zu viel Heavy Metal für eine Kirmes. Das Wacken Open Air 2019 steht zwischen Baum und Borke und muss langsam Stellung beziehen, ob es sich und den Fans treu bleiben will oder zu einer billigen und einfach nur größeren Kopie seiner selbst wird. Die bestätigten Bands für 2020 sind bis jetzt auch nur ein Abziehbild des Billings der Jahre zuvor (mit Ausnahmen). Ich glaube fest daran, dass die Organisatoren des Open Airs, es wieder schaffen, irgendeine Perle zu bringen, die es besuchenswert macht. Sollten die Querschläger wie Deine Cousine, The Boss Hoss oder andere eher Pop und Charts belastete Gruppen, weiter die Oberhand übernehmen, so werde ich nach 20 Jahren treuer Fanschaft wohl oder übel die Segel streichen und mich aus Wacken zurückziehen. Es gibt so viele kleiner Festivals auf denen der oft benannte Spirit noch lebt und die einem zeigen, dass weniger auch mehr sein kann. Sollte ich nächstes Jahr wieder dabei sein, werde ich nicht den Fehler machen und viel erwarten, nein, eher lasse ich mich überraschen und passe auf das mich niemand umrennt.