Pünktlich zur dunklen Jahreszeit wurde es am 29.10.2020 auch in Hessen düster, denn Streams of Blood haben, unter der unheilverheißenden Leitung des Bandkopfs Thymos, mit Erløsung ein neues Album zusammengeprügelt. Ich wurde bereits durch ihren 2017 erschienenen Langspieler "Allgegenwärtig" auf sie aufmerksam und fand großen Gefallen an ihrem treibenden und frostigen Black Metal. Mit Erløsung haben sich Streams of Blood jedoch selbst grufthoch übertroffen.
Bereits der erste Song "Freitodmaschine" stellt deutlich klar, in welche Richtung es mit diesem Machwerk geht – Vollmarsch voraus. Auch wenn der Fokus größtenteils auf Kaltschnäuzigkeit, Dynamik und Aggression liegt, greifen sie so viele schwarzmetallische Facetten auf, dass Erløsung weder stimmlich noch musikalisch eintönig wird. Im Gegensatz zum ersten Song beispielsweise, ist sein Nachfolger "Declaration" wesentlichen rhythmischer und der darauffolgende "Die Ablehnung (Das Opfer)" allgemein sehr abwechslungsreich. Letztgenannter fängt recht atmostphärisch und beklemmend an und entwickelt sich fortlaufend zu einem sehr druckvollen Stück, welches jedoch die anfängliche einsame Wirkung nicht verliert. Auch Sänger (und Gitarrist) Thymos zeigt hier eindrucksvoll, was er alles auf dem Kasten (oder Sarg) hat. "Die Ablehnung (Das Opfer)" kämpft wegen dieser Gründe mit dem vierten Stück "Nychts" um den Platz meines Albumfavoriten. Denn auch "Nychts" ist erstaunlich vielfältig und wird dem gemeinen Konzertbesucher, zu gegebener Zeit, dank seiner gewaltigen Riffs höchstwarscheinlich die Gehörgänge umkrempeln!
Im Anschluss haben Streams of Blood wohl angestrebt, mit "Days of Immortality" ein Gewitter zu vertonen. Die musikalische Untermalung bewegt sich zwischen doomig-getragen und ekstatisch und die Stimme könnte teilweise kaum schmerzerfüllter klingen. Bei so starken Stücken ist es kaum verwunderlich, dass ein Teil des Albums etwas verblassen kann, was hierbei auf den (trotzdem soliden) Track "The Complex" zutrifft. Zum Ende hingegen folgen noch einmal zwei gewaltige Brecher: "Pigture" und "The Herd". Auch diese beiden Songs würde ich echt gern live erleben, da sie noch einmal unbarmherzig musikalisch auf´s Maul geben. "Pigture" trumpft schon wegen der völlig geistesgestörten Stimmarbeit zu Beginn sowie des einzigen Solos des gesamten Albums auf und "The Herd" ist schlicht und ergreifend ein wirklich gut gelungener, finsterer Schlussstrich des Albums.
Wir halten fest: Auf Erløsung findet man vielleicht keine Innovationen, dafür aber die volle Bandbreite, die man sich als dem Black Metal zugeneigter Hörer wünschen kann. Aggressive Riffs, garstige Stimme, kalte Atmosphäre und miese Laune der Sonderklasse – was will man mehr?