Dustineyes haben dieses Jahr ihre neue CD "Rat Race" auf den Markt gebracht, aus diesem Grund, baten wir die Band um ein kleines Interview.
Eigentlich sollte dieses Interview die ganze Band betreffen, doch nachdem sich rausstellte, dass Flo, die neue Sängerin bei Dustineyes, der deutschen Sprache mächtig ist, wurde der Plan kurzerhand umgeworfen und zur Vereinfachung direkt mit ihr geführt. Diese Idee stellte sich als ein genialer Schachzug heraus, denn so konnten wir Leles Nachfolgerin gleich persönlich zu ihrer neuen Rolle befragen.
MHF: Kurz vorne weg, wie geht’s dir/euch soweit nach den Aufnahmen? Wie ist es, speziell für Dich, diese CD in den Händen zu halten?
Flo: Es war eine wirklich schwere Geburt. Wir hatten einige Stolpersteine im Weg während den Aufnahmen und jetzt, wo wir die CDs endlich haben, sind wir erleichtert und natürlich auch wirklich glücklich und zufrieden mit dem Endresultat. Für mich ist es das erste Album an dem ich mitgearbeitet habe, von daher bin ich wahrscheinlich noch ein wenig aufgeregter als der Rest der Bande.
MHF: Von was für Stolpersteinen redest Du?
Flo: Wir hatten schon im Februar mit den Aufnahmen begonnen und wollten eigentlich noch vor dem Sommer mit dem Album fertig sein. Dann hat einiges nicht geklappt wie wir wollten, unser Kumpel hinter dem Mischer hatte aus beruflichen Gründen immer weniger Zeit, so dass wir schlussendlich fürs Mixen und Mastern und die letzten kleinen Aufnahmen jemand anderes für den Job holten. Aber, jetzt ist ja alles gut gegangen, haha.
MHF: Kannst Du uns etwas darüber erzählen, warum Lele letztendlich die Band verlassen hat? In einem kurzen Gespräch erwähnt er, dass seine Stimme nicht mehr fit genug sei.
PIZ: Die harten Fragen gleich zu Beginn. Lele verliess die Band vor allem, weil sich seine Prioritäten im Leben geändert haben. Als wir mit der Band angefangen hatten, waren wir betrunkene, kleine Jungs und Dustineyes war dieser wahnsinns Trip. Wir haben viel gelernt und einen dickes Buch voll mit witzigen und verrückten Geschichten zu erzählen. An einem Punkt entschied sich Lele von diesem `Crazy Train` abzuspringen und sich auf sein zukünftiges Vater sein vorzubereiten. In einigen Tagen wird uns seine Tochter Olimpia auf dieser Welt begleiten. Aber er ist natürlich nach wie vor Teil der Familie, auf `Rat Race` sind 5 Songs mit seinen Texten, er hat einige Backingvocals dafür aufgenommen und wir trinken immer noch regelmässig ein Bier zuviel zusammen.
MHF: Die Frage war nicht als harte Nuss gemeint. Ich habe sie aus ehrlichem Interesse gestellt und konnte es einfach nicht länger zurückhalten, Haha! An dieser Stelle alles Gute an Lele und seine kleine Familie!
Ich gehe mal davon aus, dass der Rest der Band noch immer ein Haufen betrunkner Typen ist die die Welt brennen sehen wollen, oder hat sich bei euch auch schon ein Altersschalter umgelegt?
Flo: Haha, sagen wir’s mal so, wir sind keine 20 mehr und der Kater am nächsten Tag ist etwas fieser als zuvor. Auch Sergio hat eine Tochter und verbringt natürlich seine freien Wochenenden lieber mit ihr. Aber sonst würde ich sagen, hat sich nicht wirklich was geändert, wir sind nach wie vor alle große Fans von Bier und Co., haha.
MHF: Kann man in Zukunft auf weitere Zusammenarbeiten mit Lele hoffen? Vielleicht auch ein Duett mit Dir?!
Flo: Wir werden ihn bestimmt auch auf zukünftigen Aufnahmen immer für Backingvocals anfragen, diese Stimme muss man einfach dabei haben. Ein Duett? Gute Idee, mach das mal zum Thema.
MHF: Wie bist Du letztendlich zur Band gestoßen?
Flo: Das ist eine lange Geschichte… Ich habe Silvano vor einigen Jahren kennengelernt, als er mit seiner anderen Band in meiner Stammkneipe, in meinem Städtchen in der Schweiz spielte. Ich war damals frisch der Basler Band Mother Razorblade beigetreten und habe da entdeckt, dass ich eigentlich eine viel rotzigere Stimme habe als gedacht. Als Lele dann die Band verließ, habe ich eigentlich zuerst nur gedacht, wäre ja schon cool, aber das kann ich eh nicht. Nach etwa 10 Monaten, als die Jungs immer noch niemanden gefunden hatten, hatte ich dann zum Spaß mal gesagt, ja nehmt doch mich! Und so kam das Ganze dann irgendwie zu Stande.
MHF: Was sind deine musikalischen Wurzeln? Du sagst, deine Stimme war rotziger als gedacht, dass lässt erahnen, dass Du im Vorfeld schon als Sängerin aktiv warst und dein Talent nur durch Zufall ans Tageslicht kam.
Flo: Singen tat ich immer gern und so kam es, dass ich 3 Jahre lang klassischen Gesangsunterricht nahm. Etwas ganz Anderes, haha, aber total hilfreich, auch heute. Wenn du lernst wie du dein Organ benutzen musst, Kniffe und Tricks lernst, kannst du viel mehr rausholen, ohne der Stimme zu schaden. Sonst habe ich nicht viel gemacht vorher, bis Mother Razorblade, eine coole Rockband, aber mehr an den guten alten 70ern orientiert, also viel mehr clean Gesang und weniger rum Gebelle wie jetzt, haha.
MHF: Warst Du die erste Wahl oder gab es eine Casting?
Flo: Erste Wahl? Überhaupt nicht. Für die Jungs war’s wichtig, dass sie jemanden finden der 100% in die Band passt, sonst hätte es keinen Sinn und sie hätten sich aufgelöst. Sie hatten einige Interessenten, aber jemanden zu finden, der die Mischung Punk und Rock mit der richtigen Attitüde bringt ist nicht einfach, vor Allem, wenn vorher Lele mit seiner knaller Stimme da war. Sie gaben mir dann mal eine Chance und ich hab 2 Songs aufgenommen, ein Bier runter gestürzt und der Rest ist Geschichte, haha.
MHF: Als erstes ist mir bei deiner Stimme eine Parallele zu der Band Scattergun (Berliner Punkband bis 2002) aufgefallen. Gibt es stimmliche Vorbilder denen Du nacheiferst?
Flo: Die kenn ich gar nicht, muss ich mir mal anhören in dem Fall. Nacheifern würd ich jetzt nicht sagen, aber Idole hat man ja immer und wenn mich Leute mit Brody Dalle zu Distillers Zeiten vergleichen, dann freu ich mir immer einen ab.
MHF: Wie stehst Du zu diesem ganzen Genderwahnisnn der sich im Moment abspielt? Ich frage, da eine Frau im Rock n Roll vor einiger Zeit noch ziemlich exotisch war. Mittlerweile ist es ja fast gang und gebe. Ist dieser Geschlechtermist ein Thema für dich? Mir persönlich ist es völlig Wurscht wer da geile Musik macht. Ob Mann oder Frau das spielt keine Rolle, doch kann ich mir vorstellen, dass es da noch einige Typen gibt die das nicht so sehen.
Flo: Ich finde auch nicht, dass es eine Rolle spielt wer jetzt da Musik macht. Es ist natürlich nach wie vor so, dass es viel mehr Männer gibt in der Musikwelt, was wohl schon damit anfängt, dass ein Mädchen eher weniger von seinen Eltern zum Schlagzeug spielen lernen motiviert wird als ein Junge.. Wir Frauen heutzutage, haben es natürlich so richtig einfach, wenn man zurück denkt in die 70er und 80er, Suzy Quatro zum Beispiel hat ja mächtig Furore gemacht. Was ich überhaupt nicht mag, sind die Label wie „All Girl Band“ und Bemerkungen die dann speziell auf weibliche Bandmitglieder abgerichtet sind so wie „auch die Gitarristin hatte keine Mühe mitzuhalten“. Ist ja logisch, gehört ja zu der Band die Gute. Als ich Dustineyes beigetreten bin, gab es natürlich die ein oder anderen Stimmen die meinten: „Naja, eine Frau, ne, das kann nichts werden“. Dann gehst du dann eben auf die Bühne und bringst sie zum Schweigen.
MHF: Genau das meinte ich. Die Vermarktung mit dem Label Frau, was aber eigentlich als normal angepriesen wird, ist hier dann ein Verkaufs Argument…Schwachsinn! Zum Thema „auch die Gitarristin hatte keine Mühe mitzuhalten“, möchte ich nur kurz Ruyter Suys (Nashville Pussy) in den Raum werfen. Das spricht ja wohl für sich… Andererseits gibt es auch Bands, die ich mir ohne Sängerin gar nicht vorstellen kann. Bestes Beispiel White Skull, die dir sicher ein Begriff sind. Die habe ich einmal live gesehen mit Federica und einmal mit Gustavo. Beide Gigs hätten unterschiedlicher nicht sein können. Gustavo war sehr bemüht, aber die Energie und die Gewalt die Federica in der Stimme hatte und auch noch hat, waren unersetzlich. Zum Glück haben White Skull das auch erkannt und haben Federica wieder ins Boot geholt.
Silvano (PIZ) ist nebenbei noch mit den Bastards (Uncle Bard & The Dirty Bastards) unterwegs. Wie sieht’s bei dem Rest der Band aus? Gibt’s da noch Nebenprojekte oder Bands?
Flo: Nein, PIZ ist der Einzige der noch eine andere Band hat. Wir anderen 3 sind zu faul oder so. Nein Scherz, gerade jetzt wo der Stein wieder ins Rollen kommt, wollen wir uns sowieso vermehrt auf Dustineyes konzentrieren.
MHF: Ende letzten Jahres ist, nicht wirklich unerwartet, unser aller Heiland von uns gegangen. Um Lemmy zu ehren, habt ihr eine Coverversion von „Down On Me“ auf das Album gepackt. Warum ausgerechnet den?
Ach Lemmy… Ja wieso gerade diesen Song? Wir wollten auf keinen Fall einen der zig Mal gecoverten Songs wie ‘Ace of Spades` machen. Inferno ist nicht eines der bekannesten Alben, aber voll von genialen Songs. Nach eingen Jamsessions haben wir festgestellt, dass auf Down on Me, nebst Lemmys bellendem Gesang, eine richtig interessante Melodie zu finden ist und haben uns dann entschlossen ein Cover zu machen.
MHF: Wenn ich Ace Of Spades höre kommt mir auch fast n bisschen Kotze mit hoch. So geil der Song auch ist, so ausgelutscht ist er auch. Da gebe ich dir Recht. Wird Down On Me, oder ein anderer Song evtl. Einzug ins Liveprogramm halten?
Flo: Da versteh ich dich völlig. Klar ist‘s ein großartiger Song, aber wie schon gesagt, Motörhead hat noch eine Wagenladung anderer Hammer Songs! Down on Me haben wir auf der Setliste, der macht einfach höllischen Spaß zum Spielen und da er recht tief ist, kann ich meine Stimme ausruhen.
MHF: Wie hast Du von dem Tod Lemmys erfahren? Ich selber habe die Nachricht von meiner Frau übermittelt bekommen. Ich war nicht überrascht. Eher erleichtert, dass er jetzt hinter sich hat und diese quälende Frage nach dem wann endlich vorbei war.
PIZ: Wir waren bei Lele zu Hause, wie so oft, ein endloser Strom von Bier, Reste von zahlreichen Weihnachtsgelagen und irgendwann, nach dem 300sten Bier, hat jemand aufs Handy geguckt und da war dann auf Facebook die Meldung von Lemmys Tod. Danach saßen wir alle stumm am Tisch und kippten noch ein paar Biere runter. Ja, was soll man da machen. Man hat ja gewusst, dass der Tag kommen wird, aber es war natürlich schon ein beschissenes Ende für 2015. Über 2016 müssen wir ja gar nicht erst zu reden anfangen…
Wir danken Flo und PIZ für dieses mehr als angenehme Interview, Ihre Zeit und Geduld! Wer nähere Infos zu DUSTINEYES braucht, dann bitte hier lang: Dustineyes.