Reviews und Berichte
Reviews und Berichte
- Details
- Scheuermann
- Lesezeit: 3 Minuten
- Location/Festival: M.A.U.-Club
- Ort: Rostock
- Vorbands: Männi
- Datum: 03.02.2024
Das hier heute was abgeht, steht schon lange fest. Beim Slime Konzert, im November, fiel mein Blick das erste Mal auf das Tourplakat von Wizo. Schon da war mir klar, dass der heutige Abend legendär wird.
Im Schlepptau habe ich wieder meinen treuen Begleiter, Micha. Wir haben schon einige Konzerte durch und sind, was das angeht, ein eingespieltes Team. Bepackt mir allerlei nützlichen Dingen machen wir uns also auf den Weg nach Rostock, um die schon lange aktiven Wizo einmal mehr aus der Nähe zu sehen. Das letzte Mal habe ich sie im JUZ Seestraße in Neubrandenburg gesehen. Das war glaube ich 1996. In dieser kleinen Punker-Butze hat damals alles gespielt was heute so Rang und Namen hat, unteranderem Wizo. Die“ UUAARRGH!“ war damals das Album der Zeit. Wo ist die Zeit nur hin?!
Diesmal sind wir schlau! Heute wird der Abend in einem dafür angemieteten Hotelzimmer enden. Zu groß die Schmach des Fahrers nur mit halbem Gas dabei zu sein. Heute lassen sich beide gehen. Aus diesem Grund wird das Auto, befüllt mit „Erfrischungsgetränken“ am M.A.U. geparkt und das Nachtlager im Hotel aufgeschlagen, keine zehn Gehminuten weit weg. Auf dem Zimmer wird sich die Zeit mit Tyrannen-Quartett und labenden Getränken versüßt, bis es dann heißt - Aufbruch. Durch das Gezocke auf dem Zimmer, haben wir leider Männi verpasst, die Vorband. Sorry!
Nun wird’s aber auch langsam Zeit. Ich bewege mich Richtung Fotograben und freue mich schon beim Anblick der ganzen grinsenden Gesichter und der singenden Masse. Hier scheint jeder Einzelne Bock zu haben. Der Start von Wizo glückt hervorragend! Von Minute eins an haben die Sindelfinger das M.A.U. im Griff. Ich renne durch den Fotograben und versuche zu erhaschen, was ich kriegen kann. Da ich die Setliste kenne beeile ich mich. Nach zwei Songs landet die Kamera im Auto, gleich neben den Erfrischungsgetränken. Kurzer Zwischenstopp am Tresen. Mein Begleiter hält mir schon ein frisch gezapftes Bier bereit. Wie bei einem Radrennen oder Marathonlauf komme ich mir vor. Rein die Brühe und ab vor die Bühne. Als hätte ich das vorher geübt stehe ich zu „Raum der Zeit“ mitten im Pulk. Mitreißende Tanz und Gesangseinlagen werden von der Masse initiiert und laden dazu ein mitzumachen. Nun ja, eine andere Möglichkeit gibt es auch nicht, zu groß der Schwung derer, die sich dort gehen lassen. Ein wildes Hin und Her schaukelt sich zu totaler Ekstase auf. Danach dann „Das goldene Stück Scheiße“ Alles eben Erlebte multipliziert sich. Danach Pause, etwas erfrischen und Kräfte Sparen. Dieses Schauspiel zieht sich durch den ganzen Abend. Was für ein herrlicher Scheiß! Die Evergreens werden mit Leichtigkeit vorgetragen und die hungrige Meute, vor der Bühne, frisst der Band aus Dankbarkeit aus der Hand. Kein wichtiger Song fehlt, doch wird die Setliste heute Abend von „“Ganz klar gegen Nazis“ angeführt. Welche, im wahrsten Sinne des Wortes, atemberaubende Aktion hier vor der Bühne losgetreten wird sucht seines Gleichen. Jede/r Anwesende grinste über beide Backen und ließ sich gehen. Ein wunderbares Spektakel und ein so wichtiges dazu. Es erhellte mir das Gemüt, zu sehen, wie einig man sich doch heutzutage sein kann, bei dem Thema. Wunderbar! Mit „Die letzte Sau“ wird der Abend beendet. Leider! Die Zeit vorbei wie im Flug und trotz der Erschöpfung hätte jeder von uns noch Stunden weiter vor der Bühne verharren können. Auf Anraten von meinem Begleiter wechsele ich vor dem Club erstmal das Shirt. Quadder nass von oben bis unten. Voll mit Bier, Schweiß und Glückseligkeit. Als wäre ich soeben aus einer Waschmaschine gestiegen. Nach all den Jahren haben es Wizo noch immer so drauf und wissen, wie sie unsereins absolut abholen und fordern. Danke Wizo!
Wizo M.A.U.-Club Rostock 03.02.2024
- Details
- Jannik Jaster
- Lesezeit: 5 Minuten
- Location/Festival: ORWOhaus
- Ort: Berlin
- Vorbands: Before The Dawn, Hinayana
- Datum: 19.11.2023
- Headliner: Wolfheart
Sonntagabend und noch nichts vor? So gings uns am 19.11. und deshalb sind wir ab ins verregnete Berlin zu einem Konzert der „King of the North“ Tour gefahren. Die Konzertreihe ist nach dem nunmehr sechsten Album von Toumas Saukkonens Projekt Wolfheart benannt, was der Truppe den Anlass zu ihrer ersten Headliner Tour durch Europa gab. Der Gig fand im beschaulichen ORWOhaus statt, welches ich schon länger besuchen wollte und nun hat es endlich mal geklappt.
Als wir ankamen brachten wir einen ordentlichen Regenschauer mit, was nicht so recht mit der Verzögerung des Einlasses harmonieren wollte. Dennoch sind wir halbwegs trockenen Fußes in die Halle gekommen und wurden auch direkt freundlich begrüßt. Langsam, aber sicher füllte sich der Saal, auch wenn es aufgrund des Sonntages als Veranstaltungstag nicht randvoll wurde. Trotzdem merkte man gleich, dass alle Besucher, ungeachtet ihrer überschaubaren Anzahl, recht viel Bock auf Livemusik mitgebracht haben.
Den Auftakt gaben Hinayana aus Texas. Mit ihrem etwas doomigen Melodic Death Metal passten sie hervorragen in das Line-Up des Abends und haben ohne Umwege die Lebensgeister im Publikum geweckt. Auch Hinayana haben ein neues Album, „Shatter and Fall“, mitgebracht und einige Songs daraus angespielt, wie „Spirit and Matter“ oder „A Tide Unturning“. Auch die Titel von ihrem ersten Album und ihrer anschließenden EP kamen sichtlich gut an. Ich persönlich war vor allem von „Cold Conception“ angetan. Während des Auftritts haben die Amis mit etwas begonnen, was sich durch den ganzen Abend ziehen sollte: Konsequentes Animieren zu rhythmischen Auf- und Abwärtsbewegungen der Faust während so gut wie jedem Song. Die meisten haben da auch fleißig und erstaunlich ausdauernd mitgeboxt, auf mich sprang der Funke trotzdem nicht über.
Im Anschluss betraten Before The Dawn die Bühne, die der Hauptgrund für unser Anrücken gewesen sind. Nachdem Tuomas Saukkonen all seine Bands auf Eis legte und Wolfheart aus ihnen zusammenbastelte, meldeten sie 2021 ihr Comeback an. Der neue Sänger, Paavo Laapotti, performte „Deadsong“ im Rahmen der finnischen The Voice Ausgabe und das hat dem Herrn Saukkonen scheinbar dermaßen zugesagt, dass er ihn direkt verpflichtete. Stimmlich gesehen musste Paavo allerdings in recht große Schuhe schlüpfen, weshalb – vor allem der Klargesang – vorerst etwas gewöhnungsbedürftig erschien, aber nur ausgesprochen kurzfristig. Während der erst paar Songs „Unbreakable“, „Destroyer“ (von neuem Album „Stormbringers“) und „My Darkness“ hat er nicht nur uns für sich gewonnen und ins Staunen versetzt. Nach ein paar Klassikern wie „Faithless“ und „Dying Sun“ gab´s weitere Songs vom neuen Album zu hören, wovon mich vor allem die Singleauskopplung „Downhearted“ überzeugte. Bei „Wrath“ schubsten sich dann die ersten Raufwütigen in einem recht kleinen Moshpit durch die Gegend, bevor das Konzert mit „Deathstar“ und „Deadsong“ endete.
In der letzten Umbaupause wurden ein paar Mikrofonständer mit anmontierten Schädeln auf die Bühne und Tuomas Saukkonen vom Schlagzeug nach vorne gestellt. Denn jetzt spielte der Headliner Wolfheart, was mit Melodic Death Metal nur noch wenig zu tun hat. Da ging es dann doch eine Spur härter zu, was neben dem brachialen Gesang maßgeblich am Schlagzeuger Joonas Kauppinen liegt. Was der sich da zusammenprügelt, ist ganz großes Kino. Songtechnisch haben sie sich kreuz und quer durch ihre Diskografie gespielt und u.a. „The Hammer“, „Ghost of Karelia“ oder „The King“ und „Skyforger“ vom aktuellen Album zum Besten gegeben. Der Klargesang, der nun auch bei Wolfheart Eingang gefunden hat und vom Gitarristen Vagelis Karzis dargeboten wurde, hat live sehr gut funktioniert. Allerdings war entweder sein Mikro stellenweise etwas zu leise austariert oder hinter Saukkonens Stimme verschwindet einfach alles andere – ich vermute eine Mischung aus beidem. Meine Highlights des Konzerts blieben dennoch die Songs von Wolfhearts Debütalbum – „Routa (Part 2)“ und die Zugabe „The Hunt“.
Alles in allem war es ein sehr gelungener Abend. Ich höre mittlerweile kaum noch Melodic Death Metal, tat es allerdings früher sehr gern und da war Before The Dawn nicht nur einer meiner Favoriten, sondern auch eine der ersten Bands mit einem derartig druckvollen Gebrüll, die ich kennengelernt habe. Dementsprechend war mein vergangenes Ich in mir überaus glücklich, diese Band endlich mal gesehen zu haben. Vor allem „Dying Sun“, Before the Dawns bester Song nach meiner Auffassung, hat mir eine Gänsehaut beschert und wird noch eine Weile nachhallen.